Liebe Leserinnen und Leser,
nach langer Zeit mal wieder ein Lebenszeichen von mir.
Achtung: In dem Artikel geht es um mein Arbeitsfeld und Blut. Wer das nicht verträgt sollte den Artikel lieber nicht lesen!
Ich werde immer mal wieder gefragt, was ich mache und wenn ich dann antworte Krankenpfleger kommen nachfragen was genau und so weiter. Sonst bin ich ja an die Schweigepflicht gebunden, aber da hier der Patient selber der Zeitung über seinen Unfall berichtet hat, kann ich das mal verwenden. Außerdem ist es ein toller Artikel über Nachbarschaftshilfe. Zu erst auf Norwegisch: (die deutsche Übersetzung folgt immer Anschluss in kursiv)
(an die Norwegisch Spezialisten: evtl. Übersetzungsfehler bitte ich zu verzeihen, ich übersetze es sinngemäß nicht wortwörtlich)
(Erklärungen zu verschiedenen Punkten stehen in Klammern)
Dem letzten Satz von Stein kann ich zwar nicht in allen Belangen zustimmen, aber auf jeden Fall in der Notfallversorgung.
Was ist jetzt meine Aufgabe dabei: Die Patienten kommen nach der Operation zu uns auf Station. Wenn ein Finger/Hand/Arm wieder angenäht wurde ist eine kritische Phase von 8-10 Tagen zu überstehen. Während der Operation werden die Knochen, Venen und Arterien (Blutgefäße), Nerven, Sehnen und Muskeln und zum Schluss die Haut wieder zusammengenäht. Sehr wichtig ist dabei das gute funktionieren der Blutversorgung, damit das Gewebe nicht abstirbt. Das müssen wir hauptsächlich überprüfen. Dazu gehen wir 10 Tage lang JEDE Stunde zum Patienten, messen die Temperatur des Fingers, beobachten die Farbe des Fingers und die „Füllung“ mit Blut (drückt fest auf eine Stelle am Finger oder der Hand für ein paar Sekunden, lasst los: zuerst ist die Stelle gelblich (>blutarm) und wird (sollte zumindest) schnell wieder rosa bis rot werden – das ist die „Füllung“)
Im Idealfall ist die Temperatur über 33 °C, die Farbe rosa bis rot und die Füllung „normal“ (also innerhalb 1-2 sek wieder die gleiche Farbe). Fällt die Temperatur innerhalb einer Stunde um 1 ° C oder mehr, verändert sich die Farbe oder die Füllung funktioniert nicht wie sie soll, wird der diensthabende Arzt informiert, der dann entscheidet ob erneut operiert werden muss, ob einen weitere Operation nicht sinnvoll oder möglich ist, ob wir mit Heparin (Blutverdünnungsmittel) und „Fischmund“ (mit einem Skalpell wird ein Schlitz in die Fingerspitze geritzt, aus dem es idealerweise ständig leicht bluten sollte, das Heparin soll diese Wirkung verstärken) oder ob wir eine Blutegelbehandlung starten sollen. Bei der Blutegel Behandlung wird mit einer Nadel in den amputierten Finger gestochen und ein Blutegel an die Stelle gesetzt, dies soll dann 30-60 min saugen, dabei die Körpergröße ver- x- fachen und gibt währenddessen seinen Speichel in die Wunde ab, der die Durchblutung fördert. (Es ist gleichzeitig die Henkersmahlzeit, denn im Anschluss werden sie mittels kochendem Wasser getötet. Bis ein Blutegel, dass sich „satt“ gesaugt hat wieder hungrig wäre würden mehrere Monate vergehen, aus hygienischen Gründen, dürfen sie aber nur bei einem Patienten verwendet werden.)
Mit den Blutegeln haben wir eine sehr gute Erfahrung gemacht. Hört der Finger auf zu bluten, wird das nächste Blutegel angesetzt.
Erfolgsrate: Bei etwa 70% unserer Patienten wachsen die replantierten (=wieder angenähten) Körperteile wieder an. Bei den restlichen 30 % müssen sie leider amputiert werden, was an verschiedenen Gründen – Zeit zwischen der Amputation und Operation, anderen Erkrankungen wie Diabetes,… ; …. – liegen kann.
Etwa 50-60% können sie danach auch wieder ganz oder teilweise benutzen und haben teilweise wieder Gefühl im Finger/Hand.
So, ich hoffe, das war ein bisschen interessant für euch.
Bis zum nächsten Artikel,
Euer Christian